Hudewälder sind sehr alte hochbiodiverse und einzigartige landwirtschaftliche Nutzungssysteme, die über Hunderte von Jahren in ganz Europa verbreitet waren. Im Zuge der Intensivierung (u.a. maschinengerechte Zusammenlegung von Flächen, Entfernung von Gehölzern, Einsatz von Dünge- und Spritzmitteln) verschwanden in fast ganz Europa diese Kulturen. In Rumänien sind allerdings noch viele Hudewälder erhalten und werden auch noch traditionell bewirtschaftet. Ein unschätzbares Kulturerbe für ganz Europa. Wir können aus diesen Hudewäldern Rückschlüsse auf moderne Agroforstsysteme ziehen. Aus diesem Grund führte das Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (Hochschule Trier) gemeinsam mit seinen Partnern in Rumänien eine Bestandsaufnahme und verschiedene Untersuchungen seit 2022 durch. Im Ergebnis entstand auch dieser Aufsatz.
In dieser Studie werden die komplexen biokulturellen Werte alter Hudewälder untersucht – mit Fokus auf ihre sozial-ökologischen Interaktionen und ihre Beiträge der Natur für die Menschen (Nature’s Contributions to People: NCP). Anhand von Fallstudien in Siebenbürgen, Rumänien, werden Hudewälder als biokulturelle Systeme betrachtet, die durch jahrhundertealte traditionelle Bewirtschaftung geschaffen und erhalten wurden. Durch die Anwendung von sozial-ökologischen Netzwerkanalysen, RLQ- und Fourth-Corner-Analysen, werden die Zusammenhänge zwischen Bewirtschaftungsweisen, bio-physikalischen Verknüpfungen und NCP aufgedeckt.
Die Ergebnisse heben die zentrale Rolle der Hirten und Schäfer hervor, die als Bewirtschafter die ökologische und kulturelle Integrität dieser Lebensräume erhalten. Traditionelle Wirtschaftsweisen, wie Rotationsweide und dörfliche bzw. bäuerliche Wirtschaftsgemeinschaften, erhalten und schützen wichtige natürliche Schlüsselelemente wie die verstreute Verteilung von Gehölzen in der Weide, sehr alte und große Bäume und wertvolles hoch biodiverses Grünland. Diese Elemente dienen als Knotenpunkte innerhalb des biokulturellen Netzwerks und unterstützen die biologische Vielfalt, Ökosystemleistungen und das kulturelle Erbe. Gleichzeitig zeigt die Studie auch den Rückgang traditioneller Wirtschaftsweisen der Hirten und Schäfer aufgrund sozioökonomischer Herausforderungen auf, wodurch die Nachhaltigkeit dieser Lebensräume gefährdet ist.
Die Untersuchung zeigt einen Gradienten der NCP in der Landschaft auf. Zerklüftete, bewaldete Gebiete werden mit ökosystembezogenen NCP wie der Erhaltung der biologischen Vielfalt und ökologisch wertvollen Prozessen in Verbindung gebracht, während im Flachland gelegene ebene Gebiete den Schwerpunkt der NCP in der Versorgung der Viehzucht sehen. Der letztgenannte Trend geht jedoch häufig mit einem Verlust an Arten in der Vegetation (Verarmung der Bestände) und insgesamt einem Verlust der biologischen Vielfalt einher.
Dies hat wichtige Auswirkungen sowohl auf die Wissenschaft als auch die Politik. Die Studie zeigt den Wert innovativer Methoden wie Netzwerkanalyse und RLQ für das Verständnis komplexer biokultureller Systeme. Sie verdeutlicht damit, dass sowohl sozioökonomische als auch kulturelle Fragestellungen in die künftige Forschung einbezogen werden sollten, um das gesamte Spektrum biokultureller Beiträge erfassen zu können.
Aus politischer Sicht zeigt die Studie, dass die Erhaltung bzw. Förderung traditioneller Bewirtschaftungsweisen bzw. Praktiken und die Priorisierung der Erhaltung von Hudewäldern im Rahmen der EU-Biodiversitätsstrategie 2030 sinnvoll ist. Maßgeschneiderte Lösungen sind notwendig, um damit die Überweidung in leicht zugänglichen Gebieten zu reduzieren und die Aufgabe von Weideflächen in abgelegenen Landschaften verhindern zu können. Ein Gleichgewicht zwischen traditionellen und modernen Bewirtschaftungsstrategien ist der Schlüssel zum Erhalt dieser einzigartigen und besonders wertvollen Kulturlandschaften.
Link zum Artikel: Understanding nature’s contributions to people in ancient biocultural systems through network and RLQ analysis
Link zur Projekthomepage: https://transylvanian-wood-pastures.eu/